Ein Jubiläum lädt zum Rückblick ein – auch im LünTec. Doch wer durch die Flure des Technologiezentrums geht, spürt schnell: Der Blick richtet sich weniger zurück als nach vorn. Auf der Jubiläumswebseite wurde Monat für Monat ein Aspekt der Transformation beleuchtet und sichtbar gemacht, wie sich Lünen und das LünTec in drei Jahrzehnten verändert haben – vom industriellen Erbe bis zu heutigen Innovationsfeldern wie Energie, KI oder Kreislaufwirtschaft.
Während noch gefeiert wird, ist der nächste Wandel längst im Gange. Transformation ist in Lünen kein Ausnahmefall, sondern Alltag. Energiemarkt, Fachkräfte, Digitalisierung und Nachhaltigkeit greifen ineinander und stellen Unternehmen ständig vor neue Aufgaben. Zukunftsfähig bleibt, wer Wandel als Normalfall begreift. Welche Rolle spielen dabei Wirtschaftsförderung und LünTec – als Netzwerker, Möglichmacher und Ort kluger Kooperation?
Transformation durch Transformation“ – was heißt das für die Arbeitswelt in Lünen?
Sylvia Tiews: Wandel ist heute schneller, dichter, mehrdimensional und multikausal geworden. Früher folgte eine große Veränderung der nächsten. Heute überlagern sich technologische, ökologische und wirtschaftliche Entwicklungen parallel ständig. Das verlangt von jedem, egal ob Führungskraft oder Facharbeiter, die Bereitschaft, Neues zu lernen und Routinen zu hinterfragen. Wer Veränderung als Normalfall akzeptiert, bleibt handlungsfähig und kann Chancen früher nutzen.
Welche Rolle spielt der Ausstieg aus der Steinkohleverstromung?
Sylvia Tiews: Der Abschied von der Kohle zeigt gut, wie permanente Anpassung funktioniert. Stillgelegte Förderanlagen werden zu Technologiezentren, Kraftwerksflächen werden zu Batteriespeichern oder künftig zu Standorten für neue Gewerbegebiete. Alte Strukturen verschwinden, neue Arbeitsfelder entstehen. Das braucht Flexibilität – auf Unternehmensseite und bei den Beschäftigten, die sich auf neue Tätigkeiten einstellen müssen.
Wie wirkt sich die ökologische Transformation aus?
Sylvia Tiews: Klimaschutz und Lebensqualität sind heute Standortfaktoren. Unternehmen achten darauf, wo ihre Mitarbeitenden gerne leben. Gleichzeitig entstehen durch Umwelttechnik neue Geschäftsmöglichkeiten. Auch hier gilt: Die Anforderungen ändern sich schnell, und Qualifikationen müssen laufend nachwachsen. Unser Förderprojekt InDie.Region Westfalen hat sich als Kompetenzregion für grüne Produktion aufgestellt – wir transformieren also auch für die Umwelt.
Lünen gilt als Ressourcenstadt. Was zeigt das Beispiel Kreislaufwirtschaft?
Sylvia Tiews: Die lokale Recycling-Branche ist ein Beleg dafür, was passiert, wenn sich Betriebe frühzeitig neu aufstellen und Kompetenzen bündeln. Rund um das Lippewerk sind neue Arbeitsplätze, Technologien und Kooperationen entstanden. Dieser Erfolg wäre ohne die Bereitschaft zur ständigen Weiterentwicklung nicht möglich gewesen. Wenn Industrien sich ändern und zum Beispiel Energie teurer wird oder Abwärme von Kooperationspartnern wegfällt ist Forschung und Entwicklung gefragt: Bei Aurubis wurde jüngst eine Dampfanlage in Betrieb genommen, die die eigene Abwärme für einen späteren Zeitraum puffert. Innovation von jungen Ingenieuren aus dem eigenen Betrieb. Ein ganz großartiges und wertvolles Beispiel.
Wie trägt das LünTec dazu bei?
Sylvia Tiews: Innovation entsteht dort, wo Menschen zusammenkommen und voneinander lernen. Bei uns arbeiten Start-ups, Mittelständler und Technologieunternehmen eng nebeneinander. Viele Projekte entstehen spontan durch kurze Wege. Netzwerke und Austausch sind wichtig – ob organisiert wie z.B. durch WFZ.Ruhr oder einige Jahre im VALUE oder durch themenbezogene Seminare und Workshops. Auch wir selbst müssen uns ständig erneuern – mit moderner Infrastruktur, neuen Angeboten und dem Anspruch, immer wieder nachzusteuern.
Der demografische Wandel verschärft den Druck. Wie reagiert Lünen?
Sylvia Tiews: Wir müssen junge Menschen früh abholen und ihnen Perspektiven geben. Programme wie „Lünen bewegt Bildung“, die „Nacht der Ausbildung“ oder der Transformationsbooster UFO.Space bringen Jugendliche, Betriebe und Schulen zusammen. Am Ende geht es darum, dauerhaft genügend qualifizierte Menschen zu haben, die bereit sind, sich weiterzuentwickeln. Ihre Chancen sind derzeit riesig – der Arbeitsmarkt braucht Fachkräfte – ja! Aber auch Unternehmensführung wird gesucht – viele Unternehmen werden an nächste Generationen abgegeben. Mit Geschick lassen sich heute gute Karrieren planen.
Warum ist Kompetenzvernetzung so wichtig?
Sylvia Tiews: Kein Unternehmen und keine Verwaltung kann Transformation allein bewältigen. Wenn Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Nachwuchs zusammenarbeiten, entstehen Lösungen, die tragfähig sind. Vernetzung verkürzt Wege und macht den Standort widerstandsfähig.
Welche Rolle spielt die Wirtschaftsförderung?
Sylvia Tiews: Sie versteht sich als Mittler und Motor für die lokale Wirtschaft. Als Vermieter und Wirtschaftsförderer treffen wir viele Menschen – wenn wir gut zuhören, uns gut auf Ideen und Neues einlassen können, dann kann uns ein guter Transfer gelingen. Wir bringen Menschen interdisziplinär zusammenbringen. Menschen von denen wir denken, die müssten doch mal miteinander reden. So entstehen neue Ansätze und im besten Fall Innovation, die Lösungen für die Zukunft schafft. Aktuell bereiten wir einen Förderantrag vor, um durch digitale und nachhaltige Transformation Unternehmen bei ihrer notwendigen Resilienz für Veränderung zu stärken. Ziel ist, Unternehmen bei der kontinuierlichen Anpassung zu unterstützen – fachlich, organisatorisch und finanziell.
Ihr Appell zum Schluss?
Sylvia Tiews: Da mein Team und ich permanent im Gespräch mit vielen Unternehmen sind zuerst mal die Botschaft, dass kein Unternehmen allein vor aktuellen Herausforderungen steht – die anderen haben ähnliches zu managen. Und dann plädiere ich für Mut zur Veränderung. Transformation hört nie auf. Wenn alle Ebenen – von der Politik bis zur Werkbank – bereit sind, diesen Prozess aktiv mitzugehen, kann Lünen seine Zukunft selbst gestalten.
Fazit
Transformation durch Transformation ist in Lünen Realität. Der Wandel wird weitergehen, oft schneller als gedacht. Entscheidend ist, dass alle Beteiligten bereit sind, ihn aktiv zu gestalten – immer wieder aufs Neue.